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21.10.2024
Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes hat sich Deutschland zur Erreichung der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 verpflichtet. Bereits 2030 sollen sich Emissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent verringert haben. Maßgeblich für die Erreichung der Ziele wird vor allem die Reduzierung des Ausstoßes von CO2 (Kohlendioxid) sein.
Von 1990 bis 2023 sind die Emissionen um rund 577 Millionen Tonnen Kohlendioxid, respektive 46,1 Prozent, gesunken. Für 2023 wurde eine weitere Minimierung von 10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr registriert. Deutliche Rückgänge wurden vor allem in der Energiewirtschaft verzeichnet. Grund dafür ist der dort stark reduzierte Einsatz fossiler Brennstoffe zur Strom- und Wärmeerzeugung. Ein Umstand, der unmittelbar auf einen der wichtigsten Faktoren auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität verweist: Die Dekarbonisierung.
Der Begriff der Dekarbonisierung leitet sich von „Karbon“ (Kohlenstoff) her und bezeichnet den technologisch-energiewirtschaftlichen Transformationsprozess, der darauf zielt, Arbeits- und Produktionsabläufe bei denen CO2-, aber auch Kohlenmonoxid- und Methanemissionen in die Erdatmosphäre gelangen können, durch solche zu ersetzen, in denen das nicht mehr geschieht.
Grundlegend gibt es dafür erst einmal drei Wege:
Festzuhalten ist allerdings, dass im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien, auch die Kernenergie immer noch eine etwas höhere und die CCS eine deutlich höhere CO2-Emission verursachen. Was das für die angestrebte Treibhausgasneutralität bedeutet, zeigte auch eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Dort kam man zu dem Resultat, dass bis 2050 eine 95-prozentige Emissions-Reduktion erreichbar sei. Vorausgesetzt, man fokussiert sich auf CO2-neutrale Technologien – und erneuerbare Energieträger. Und das vor allem in jenem Bereich, der nicht nur einen Großteil der Emissionen verursacht, sondern bezüglich Dekarbonisierung als „besonders schwierig“ eingestuft wird: Bei der industriellen Produktion von Grundstoffen (Stahl, Zement, Ethylen, Ammoniak, Glas).
Dr. Martin Kemmler, Geschäftsführer der REMONDIS SAVA, ist überzeugt: „Dekarbonisierung hat viele Seiten und bietet viele Möglichkeiten. Insbesondere gibt es viele Ansätze für die Nutzung von gewonnenem CO2 (CCU).“ Zugleich konstatiert Kemmler: „Allerdings stehen wir, wie auch beim Eintritt in die Wasserstoffwirtschaft, noch am Beginn der Entwicklung. Wirkliche großindustrielle Vorzeigelösungen gibt es derzeit noch nicht.“ Gleichwohl haben viele Unternehmen das Thema auf der Agenda. Es sei völlig klar, so Kemmler, dass in den nächsten Jahren hier viel passieren muss und wird:
„Dekarbonisierung steckt zwar erst in den Anfängen, aber das wird Fahrt aufnehmen, schon allein deshalb, weil es mit fortschreitender Zeit immer weniger CO2-Zertifikate geben wird.“
Dr. Martin Kemmler, Geschäftsführer REMONDIS SAVA
Das Unternehmen Holcim GmbH wird bis 2029 aus dem Zementwerk Lägerdorf in Schleswig-Holstein eines der weltweit ersten Net-Zero-Zementwerke machen. Die dort vorerst im Reallabor durchgeführte Auskopplung, Aufbereitung und Weiterleitung von CO2 zur nachgeschalteten Methanolsynthese soll bis zum Ende des Jahrzehnts in eine industrielle Lösung überführt worden sein. Dazu soll für den geplanten Produktionsumbau in Richtung Oxyfuel-Verfahren eine neue Ofenlinie entstehen, die das CO2-reiche Prozessgas zu 100 Prozent abscheidet, reinigt und aufbereitet. Nach Unternehmensangaben ist der Reinheitsgrad des so neu- bzw. wieder generierten CO2 so hoch, „dass es Lebensmittelqualität hat und Getränken als Kohlensäure zugesetzt werden könnte.“
Die bundesweit größte Anlage zur Dekarbonisierung betreibt Thyssenkrupp Rothe Erde in Lippstadt. Technologisch kommt hier eine Form des CDR (Carbon Dioxide Removal) zum Einsatz; ein Prozess, bei dem CO2 aus der Atmosphäre entnommen und anschließend dauerhaft gespeichert wird. Im konkreten Fall sollen so laut Unternehmen „1.500 Tonnen CO2 pro Jahr über Jahrtausende gebunden“ werden. Als Ausgangsmaterial dient dafür unbelastetes Holz (Verpackungsreste, Grünschnitt), das in einer Karbonisierungsanlage per Pyrolyseverfahren verkohlt wird, wobei sowohl regenerative Wärme als auch Pflanzenkohle (Biochar) entsteht. Aus jährlich 2.500 Tonnen Altholz werden so über 5.300 MWh Wärme und circa 640 Tonnen Biochar generiert. Ein kreislaufwirtschaftlich zukunftweisendes Pilotprojekt: Dekarbonisierung als integraler Bestandteil innerhalb einer Karbonisierungsanlage.
Die Herstellung von Stahl ist besonders klimabelastend. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass bei der Produktion von einer Tonne Rohstahl etwa 1,4 Tonnen CO2 anfallen. Eine Dimension, die eine enorme Hürde auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität ist. Österreichs einziger Rohstahlproduzent Voestalpine will diese Hürde jetzt nehmen: An zwei Standorten will das Unternehmen bis 2029 mit komplett grünstrombetriebenen Elektrolichtbogen die CO2-Emissionen um rund 30 Prozent bzw. 4 Millionen Tonnen verringern. Ein Novum in der Stahlindustrie.
Wie sehr auch die auf ihrem Weg zur Treibhausgasneutralität befindliche Industrie auf eine innovative Recyclingwirtschaft angewiesen ist, zeigt das Beispiel der TSR Recycling GmbH. Das Unternehmen setzt auf eine reduzierte CO2-Emission durch Erhöhung der Recyclingquote bei der Stahlherstellung – und nutzt dafür modernste und in Teilen erstmals angewandte Techniken. Die Ergebnisse sprechen für sich: Mit einem Eisenanteil von über 98 Prozent liefert TSR einen Schrott, der so rein ist, dass er nicht mehr als Abfall, sondern als zertifiziertes Produkt klassifiziert und als solches wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt wird.
Dekarbonisierung hat viele Seiten: Was Martin Kemmler als „Zukunftsideal“ bezeichnet – CO2 in einer möglichst hohen Ausbeute abfangen und daraus wieder Produkte herstellen – wird ohne innovative Recyclingwirtschaft nicht realisierbar sein. Kemmler: „Wir bei REMONDIS beschäftigen uns intensiv mit dem Thema, wie Kohlenstoffdioxid als Rohstoffquelle zu nutzen und Kohlenstoff im Kreislauf zu halten ist. Denn wir sind sicher: Dekarbonisierung wird Wirklichkeit.“
Bildnachweis: fuenf6 Stretz