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Kanalinspektion mit Künstlicher Intelligenz – die Zukunft der Abwasserinfrastruktur

04.06.2024

Kanäle – sie durchziehen unsere Städte unauffällig, um Abwasser effizient zu transportieren und bleiben oft in ihrer Bedeutung unbemerkt, bis Probleme wie überflutete Straßen oder Versagen von Abwassersystemen auftreten. Ob es sich um Regenwasser-, Schmutzwasser- oder Mischwasserkanäle handelt, ist egal – alle spielen eine essenzielle Rolle in unserem komplexen Infrastruktursystem, das verschiedensten Belastungen ausgesetzt ist. Daher ist eine regelmäßige Wartung und Inspektion von entscheidender Bedeutung. Durch eine Kanalinspektion können nicht nur präventive Maßnahmen ergriffen werden, sondern sie ist auch unerlässlich für ein nachhaltiges Infrastrukturmanagement. Die neuesten Entwicklungen ermöglichen es nun, Kanäle mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) zu inspizieren und zu überwachen. 


Die Zukunft der Kanalinspektion: THON Kanal- und AbscheiderService setzt auf KI-unterstützte Kanalwartung

Bislang wurden Kanalinspektionen manuell durchgeführt, was sowohl zeitaufwendig als auch ressourcenintensiv war. Nun setzt THON Kanal- und AbscheiderService GmbH, ein Unternehmen der REMONDIS Industrie Service, in Hildesheim und Umgebung auf ein Kanalinspektions-System, welches mithilfe von künstlicher Intelligenz Beschädigungen und andere Normabweichungen selbstständig feststellt und dokumentiert. Diese innovative Herangehensweise ermöglicht uns eine präzise und effizientere Inspektion von Kanalsystemen. „Derzeit liegt der Schwerpunkt der KI-gestützte Kanal-Inspektion vor allem auf allen Hauptkanalsysteme von Kommunen oder gewerblichen Kunden mit weitläufigen Liegenschaften“, erläutert Sebastian Budzanowski, Geschäftsführer der THON Kanal- und AbscheiderService GmbH.

Bei einer herkömmlichen Kanalinspektion erfolgt zunächst eine gründliche Reinigung des Kanals, um Rückstände und mögliche Verschmutzungen zu entfernen sowie eine klare Sicht auf potenzielle Beschädigungen zu gewährleisten. Anschließend wird eine Kamera in den Kanal eingesetzt und von einem Mitarbeitenden via Fernsteuerung navigiert. Während dieser Durchführung erfasst die Kamera verschiedene Abschnitte, Anschlüsse und weitere Anhaltspunkte innerhalb des Kanalabschnittes. Potenzielle Beschädigungen wie Risse oder Einstürze müssen dabei vom Inspektor erkannt und manuell dokumentiert werden. Dafür wird die Kamera angehalten, bis der Mitarbeitende die festgestellten Beschädigungen notiert hat. Die Inspektion wird so lange fortgesetzt, bis alle zu inspizierende Bereiche des Kanals überprüft worden sind.

Effektive Schadenserkennung dank Inspektion mit 360-Grad-Aufnahmen

Die KI-gestützte Kanalinspektion erfolgt mithilfe eines speziell ausgestatteten Fahrzeuges. Die Mitarbeitenden können diese Kameratechnik nahtlos durch den Kanal navigieren. Denn die Funktionsweise der Technologie beruht auf einer speziellen 360-Grad-Bilderfassung: Die speziell ausgestatteten Kamerasysteme verfügen jeweils über eine Kamera an der Vorder- sowie der Rückseite. Diese Kameras erfassen mit einer hochmodernen Aufnahmetechnologie 360-Grad-Bilder in 4K-Qualität, welche anschließend zu präzisen 3D-Modellen verarbeitet werden. Je nach Größe des Kanals kommen zwei verschiedene Kamerasysteme zum Einsatz. Das kleinere System wird für die Inspektion von Kanälen mit einem Durchmesser ab 15 cm (DN 150) verwendet. Das größere System wird bei > DN 200-Kanälen (ab 20 cm Durchmesser) eingesetzt und kann Kanäle bis DN 800 (bis 80 cm Durchmesser) befahren. Die etwa 70 Kilogramm schweren Kamera-Fahrzeuge sind so konstruiert, dass sie optimal für die verschiedenen Kanalgrößen ausgelegt sind. Um eine optimale Ausleuchtung des Kanals zu gewährleisten, sind LED-Leuchten um die Kameras angebracht. Eine präzise Platzierung der Kameras in der Mitte des Kanals ist von entscheidender Bedeutung, um ein hochauflösendes 3D-Modell zu erstellen, das von der KI zur Erkennung von Normabweichungen verwendet wird.

Intelligente Kanalinspektion – Wie KI und Inspektoren gemeinsam für mehr Sicherheit sorgen

Die KI-unterstützte Kanalinspektion ist zweifellos fortschrittlich, jedoch bleibt die unersetzbare Anwesenheit erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin essenziell.

Vor jeder Fahrt wird die Künstliche Intelligenz mit relevanten Informationen wie den Leitungsplänen und Details über den Kanal, wie beispielsweise dessen Material (Beton, Stein, Stahl, Kunststoff oder Gusseisen), „gefüttert“. Diese Informationen werden entweder aus vorhandenen Leitungsplänen entnommen oder durch eine Kanal-Inspekteurin oder Kanal-Inspekteur ergänzt. Allerdings sind Leitungspläne oft unvollständig und müssen aktualisiert oder mit weiteren Informationen ergänzt werden. Während des Inspektionsprozesses wird der Grundplan automatisch erweitert und mit zusätzlichen Informationen angereichert.

Während der KI-Inspektion wird durch das System im Kanal ein 3D-Modell generiert, wobei die künstliche Intelligenz im Nachgang aus den Hochauflösenden Aufnahmen Beschädigungen, Anschlüsse und Normabweichungen erkennt, dokumentiert und die erfassten Daten darstellt. Diese werden anschließend vom Kunden beziehungsweise dem Ingenieurbüro ausgewertet.

Dabei wird basierend auf gründlichen Analysen eine entsprechende Handlungsempfehlung für Wartungsarbeiten oder Reparaturen erstellt. Dieses Vorgehen gewährleistet, dass keine wichtigen Details übersehen werden. Obwohl die Künstliche Intelligenz durch jede Fahrt und jede Auswertung dazu lernt, basierend auf dem Prinzip des „trial and error“, können nur menschliche Inspekteurinnen und Inspekteuren die Fehler der KI erkennen und korrigieren. So lernt die KI beispielsweise, Spinnenweben von Rissen zu unterscheiden, nachdem ein Mitarbeitender diese identifiziert und korrigiert hat. Je häufiger diese Unterscheidung angewendet wird, desto genauer arbeitet die KI in zukünftigen Einsätzen.

Die Kombination aus KI-Technologie und menschlichem Fachwissen macht die KI-Inspektion zu einem unschlagbaren Team, das Effizienz und Zuverlässigkeit in der Kanalinspektion gewährleistet. Während die Künstliche Intelligenz eine Vielzahl von Daten schneller und präziser erfassen kann, sorgt der menschliche Inspekteur für die notwendige Tiefe, Genauigkeit und Interpretation, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die Integrität der Kanalsysteme zu gewährleisten.

„Durch die Integration von künstlicher Intelligenz wurde dieses Verfahren revolutioniert. Die KI erfasst potenzielle Beschädigungen automatisch im Nachgang, ohne dass die Kanalbefahrung zwecks Dokumentation angehalten werden muss, was nicht nur die Effizienz und Genauigkeit der Inspektion erheblich verbessert, sondern auch menschliche Fehler verringert.“ 

Sebastian Budzanowski, Geschäftsführung THON Kanal- und AbscheiderService GmbH 

Die Zukunft der Inspektionstechnologie im Kanalwartungsmanagement

Die Vorteile von KI-gesteuerten Inspektionen sind offensichtlich: Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz werden mehr Beschädigungen festgestellt und menschliche Fehler reduziert. „Kunden zeigen ein verstärktes Interesse an dieser innovativen Technologie und fordern vermehrt KI-gestützte-Inspektionen“, berichtet Sebastian Budzanowski. „Durch den Einsatz der künstlichen Intelligenz benötigen wir weniger Zeit für die Inspektion, was zu einer schnelleren Durchführung führt und somit einen klaren Zeitgewinn für unsere Kunden bedeutet.“

Jedoch weist er darauf hin: „Ein zeitlicher Gewinn geht nicht unbedingt mit Kosteneinsparungen einher. Für die Auswertung der 3D-Daten muss eine externe Firma beauftragt werden, die ebenfalls eine Entlohnung verlangt und der KI momentan noch beim Lernen helfen muss.“ Nichtsdestotrotz ist in Aussicht, dass die Software sich kontinuierlich verbessert und in Zukunft zu kürzeren Bearbeitungszeiten führt, da die Künstliche Intelligenz fortlaufend dazulernt und dadurch immer effizienter wird.


Bildnachweis: iStock Mihailo Milovanovic, Adobe Stock Mulderphoto


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